Westarkaden Heidelberg

In der Bahnstadt Heidelberg, der größten Passivhaus-Siedlung der Welt, entsteht mit den Westarkaden ein Stadtteil- und Nahversorgungszentrum. Entwickelt und errichtet wurden die Westarkaden von der Firma Unmüssig aus Freiburg gemeinsam mit dem Projektsteuerungsbüro mdbm aus Karlsruhe. Um die energetischen Vorgaben eines Passivhaus-Standards bei einer Mischnutzung aus Wohnen, Gewerbe und Gastronomie zu erfüllen, war eine detaillierte Planung jeder einzelnen Wärmebrücke notwendig. Die bauphysikalische Lösung, um die Balkone und Loggien thermisch zu trennen, fanden die Baubeteiligten dabei im Schöck Isokorb CXT mit dem Glasfaserverbundwerkstoff Combar.

Im Südwesten Heidelbergs, dort wo früher Güter verladen, Waggons in neue Züge zusammengesetzt wurden und Teile der US-Armee stationiert waren, entsteht seit 2017 nach dem Entwurfskonzept von WWA Architekten München auf einer Fläche von 116 Hektar die Bahnstadt Heidelberg. Rund 5.000 Menschen leben und arbeiten bereits in der weltweit größten Passivhaus-Siedlung. Mit den Westarkaden soll die Zahl auf über 6.000 wachsen. Hinter einem Passivhaus steht das Baukonzept, Energie zu sparen: Durch besonders energieeffiziente Bauteile und Lüftungstechnik braucht ein Passivhaus 90 Prozent weniger Heizwärme als ein Haus im Baubestand. Passivhäuser stellen damit einen aktiven Betrag zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit dar.

Mischnutzung aus Wohnen, Gewerbe, Gastronomie 

Ein dreiteiliges Gebäudeensemble zwischen Gadamerplatz und Eppelheimer Straße bildet künftig das neue Eingangstor zur Bahnstadt und soll die Rolle des traditionellen Markplatzes, also das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens des Stadtteils, übernehmen. Aufgesetzt auf einer zweigeschossigen Tiefgarage mit rund 540 Stellplätzen für Mieter und Kunden stellt das Konzept mit circa 11.700 qm Einzelhandelsfläche und Gastronomie und Gewerbe im Erdgeschoss, rund 300 familienfreundlichen, barrierefreien Mietwohnungen in den oberen Stockwerken sowie Büros und einer Kita eine vielfältige Nutzung aus Wohnen, Gewerbe und Gastronomie dar. „Die Herausforderung bei diesem Konzept der Mischnutzung war es, privaten Wohnraum zu gestalten und sicherzustellen und gleichzeitig Zugang zum öffentlichen Leben zu schaffen“, berichtet Projektleiter Björn Fenske von WWA Architekten. Gelöst haben das die Architekten über die Divergenz in den Fassaden sowie der Balkone und Loggien. So wurden im Bauteil 1 Balkone mit einer Auskragung von bis zu 2,70 m gestaltet. In den Bauteilen 2.1 und 2.2, die sich auf dem Platz Richtung Süden stellen, wurden Loggien-Lösungen entworfen, um für die Bewohner im Inneren einen Rückzugsraum zu schaffen und zugleich die Lärmquelle vom Platz zu nehmen: im Bauteil 2.1 mit Faltschiebelementen aus Glas, im Bauteil 2.2. durch eine offene Balkonsituation mit Glasgeländern und deckenhohen Glasbauelementen, die circa 1,50 m vor der Fassade liegen. „Drei, maximal vier Balkone gleichen sich, ansonsten sind alle unterschiedlich“, berichtet André Kappes von archis Architekten, die für die Ausführung zuständig sind.

Differenzierte Detailplanung  

Die unterschiedliche Gestaltung der Balkone und Loggien erforderte eine sehr detaillierte Planung aller möglichen Wärmebrücken, um – wie für die Bahnstadt vorgegeben – den Passivhaus-Standard zu erfüllen. „Der Aufwand für die Planung war immens hoch“, berichtet Marcel Schütze, Projektleiter bei Schreiber Ingenieure aus Stuttgart. „Bauphysikalisch waren die geometrisch sehr unterschiedlich gestalteten Balkone und Loggien energetisch schwer in den Griff zu bekommen. Beispielsweise sind durch den Energieverbrauch die Vorgaben für Passivhäuser im Bereich Wohnen ganz anders als beim Gewerbe.“ Auch die angrenzenden Gebäudeteile, wie Tiefgarage und Treppenhäuser, mussten energetisch präzise berechnet werden, ebenso wie die Statik der dicken, massiven Bauteile.

Vorteil Glasfaserverbundwerkstoff: energetisch wärmebrückenfrei

Die Lösung, um die Balkone und Loggien wärmebrückenfrei anzuschließen, fanden die Baubeteiligten im Schöck Isokorb CXT: das „C“ steht bei diesem Bauteil für Combar, einem Glasfaserverbundwerkstoff, aus dem die Zugstäbe bestehen. „Der Glasfaserverbundwerkstoff zeichnet sich durch eine so geringe Wärmeleitfähigkeit aus, dass diese rein rechnerisch nicht ins Gewicht fällt“, erklärt Markus Heck, Produktingenieur bei Schöck.

Neben vielen weiteren Eigenschaften, zeichnet sich Combar durch höchste Wärmedämmleistung aus, denn seine Wärmeleitfähigkeit ist im Vergleich zu Edelstahl um das 15-Fache niedriger.

Mit dem Isokorb CXT lassen sich Wärmebrücken somit auf ein Minimum reduzieren. Darüber hinaus ist – und für das Projekt Westarkaden entscheidend – der Isokorb CXT auch durch das Passivhaus Institut zertifiziert. „Das war besonders wichtig, denn es wurde seitens der Stadt akribisch darauf geachtet, dass bei der Planung und im Einbau die Vorgaben zum Passivhaus-Standard eingehalten wurden. Dies ließ sich nur mit dem Isokorb CXT bewerkstelligen“, berichtet Marcel Schütze.

Fertigteile in Sichtbetonqualität

Um die Balkone und Loggien in der im Entwurf geforderten hohen Sichtbetonqualität herzustellen, wurden diese größtenteils als Vollfertigteile im Pies Betonsteinwerk in Andernach-Miesenheim gefertigt. Im Werk wurde der Isokorb in die Schalung eingelegt, die Lücken mit Dämmung aufgefüllt und die Stoßfugen mit Klebeband abgedichtet. Anschließend wurde das Vollfertigteil betoniert und verdichtet. Auf der Baustelle konnten die fertigen Balkone mit der Decke betoniert werden.

Stadtteilzentrum mit Modellcharakter 

Die strengen Vorgaben des Passivhaus-Standards erforderten eine enge Abstimmung aller Baubeteiligten, die bei dem großen Bauvorhaben sehr viele, einzelne Situationen im Detail und unter Zeitdruck zu planen hatten. Die erfolgreiche Umsetzung bestätigt nun die Idee hinter dem Projekt. Die ersten Mieter wohnen bereits seit Dezember 2019 im Bauteil 1. Die enge Verknüpfung von modernem Wohnen mit Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie im Passivhaus-Standard, wie sie hier in der Westarkaden geschaffen wurde, könnte sich zu einer Art Modell entwickeln“, sagt André Kappe von archis Architekten.

 

Bautafel  

Bauträger: Unmüssig, Freiburg  

Projektsteuerung: mdbm Karlsruhe 

Bauunternehmen: Peter Gross Bau GmbH, Karlsruhe 

Architekt (Entwurf): WWA Architekten, München 

Architekt (Ausführung): archis Architekten + Ingenieure GmbH, Karlsruhe 

Tragwerksplanung (Ausführung): SCHREIBER Ingenieure, Stuttgart 

Tragwerksplanung (Entwurf): THEOBALD + PARTNER INGENIEURE mbB, Kirchzarten 

Fertigteilwerk: Pies Betonsteinwerk, Andernach-Miesenheim 

Bauphysik: Bayer Bauphysik, Fellbach 

Bauzeit: 2017 – 2020  

Schöck Produkte: Isokorb CXT

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